Warum schwitzen wir? Und warum ist das sinnvoll?
Im Sommer plagen sich viele Menschen mit dem Schwitzen, denn Schweißflecken unter den Achseln, schwitzige Hände und Stinkefüße sind uns peinlich. Vor allem wenn wir jemanden neu kennenlernen, ist es uns besonders unangenehm, wenn das Wasser aus allen Poren rinnt. Doch es hilft alles nichts: Das Schwitzen ist die Klimaanlage unseres Körpers – und das ist auch sinnvoll so. Hier erkläre ich, was es mit der Thermoregulation, den Schweißdrüsen und dem Schwitzen auf sich hat. Die Münchner Hautärztin Dr. Juliane Habig hat mich dabei fachlich beraten, damit auch alles seine Richtigkeit hat.
So reguliert unser Gehirn die Körpertemperatur
Damit unsere lebenswichtigen Organe arbeiten können, brauchen wir eine möglichst konstante Körpertemperatur. Dabei unterscheiden Mediziner:
- Kerntemperatur im Schädel und in den Rumpforganen: etwa 37 Grad Celsius
- Schalentemperatur in der Haut, in Armen und Beinen: variabel 28 bis 35 Grad
Um diese Temperatur zu halten, melden mehr als 30.000 Temperaturfühler in unserer Haut Kälte- und Wärmereize an eine Schaltstelle im Gehirn – den Hypothalamus. Das ist ein Bereich im Zwischenhirn, der neben dem Ohr auf der Höhe der Augen liegt.
Bei etwa 37 Grad ist alles in Ordnung. Aber wenn die Körpertemperatur nach oben oder unten abweicht, sendet der Hypothalamus Signale ans Herz, an die Blutgefäße und andere Organe, um die Wärmeproduktion anzukurbeln oder zu drosseln.
Schon allein bei den Stoffwechselvorgängen fällt viel Wärme an – zum Ausgleich schwitzen wir sogar, ohne es zu merken. Auch über den Atem wird etwas Wärme abgeführt. Bei großer Hitze, körperlicher Anstrengungen, Stress und Angst heizt sich der Körper besonders stark auf. Dann muss schon etwas mehr passieren, damit wir innerlich nicht verkochen.
Gegenmaßnahmen bei zu großer Körperwärme
- Die Blutgefäße weiten sich, damit das warme Blut schneller an die Hautoberfläche strömt und sich dort abkühlen kann. Am besten funktioniert das, wenn so viel wie möglich Luft an die Haut kommt. Achseln, Hände, Füße und der Kopf wirken besonders gut als „Fenster“ zum Lüften.
- Die Schweißdrüsen sondern eine klare, salzige und geruchslose Flüssigkeit ab, die sich wie ein zarter Film auf die Haut legt. Beim Verdunsten an der Luft entsteht eine angenehme Kühle, die Verdunstungskälte. Wenn sich noch mehr Schweiß bildet, werden die Tropfen so groß, dass sie abtropfen und nicht verdunsten können – dann tritt der Kühleffekt leider nicht mehr ein.
Wenn die schwitzige Haut nicht nackt ist, sondern engen Kontakt zu Textilien hat, verteilen sich die Schweißtropfen in der Kleidung. Sie nimmt aber nicht nur die Flüssigkeit auf, sondern auch die Bakterien und die Geruchsmoleküle. Hier lesen Sie, welche Eigenschaften Textilien haben müssen, damit sie nicht unangenehm nach Schweiß riechen.
Die Schweißtropfen…
… bestehen aus einer klaren und farblosen Flüssigkeit, das ist vor allem Wasser. Erst wenn die auf der Haut sitzenden Bakterien die weiteren Inhaltsstoffe des Schweißes aufnehmen und langkettige Fettsäuren zu kürzeren Ketten abbauen, entsteht der typische Schweißgeruch. Die Moleküle verteilen sich dann auf der Haut und in den Textilien.
Schwitzen: zu viel, zu wenig oder gar nicht
Hyperhidrose: Es gibt Menschen, die zu viel schwitzen – das hängt mit einer unter anderem Fehlschaltung im Gehirn zusammen:
Hypohidrose: Einige Menschen schwitzen zu wenig.
Anhidrose: Außerdem gibt es Menschen, die wegen einer Krankheit gar nicht schwitzen können.
Ektodermaldysplasie: Eine seltene genetische Erkrankung kann dazu führen, dass Babys ohne Schweißdrüsen geboren werden.
Kleine Schweißdrüsen sind für die Hitzeabfuhr zuständig
In unserer Haut sitzen Schweißdrüsen, sie sind unterschiedlich dicht am Körper verteilt. Mediziner unterscheiden kleine und große Schweißdrüsen, die jeweils andere Funktionen haben.
Mit den kleinen (ekkrinen) Schweißdrüsen werden wir schon geboren. Wir haben 2 bis 3 Millionen davon, nur an der Lippe und im Gehörgang gibt es keine. Sie sehen wie kleine Knäuel aus und sind ungleichmäßig in der Unterhaut verteilt.
Pro Quadratzentimeter befinden sich …
- 55 Schweißdrüsen an Nacken, Rücken und Gesäß
- 400 Schweißdrüsen im Handteller und in der Achselhöhle
- 620 Schweißdrüsen an den Fußsohlen.
Die Aufgabe der kleinen Schweißdrüsen: Sie scheiden den größten Teil des Schweißes aus. Doch wie funktioniert das genau? Die Hautärztin Dr. Juliane Habig erklärt: “Spezialisierte Zellen sondern Salze in die Kanäle der kleinen Schweißdrüsen ab. Diese Salze ziehen dann durch sogenannte Osmose die Flüssigkeit aus den Blutgefäßen nach sich.“
Das Schwitzen lässt sich trainieren
Um dem Körper die überschüssige Wärme zu entziehen, verdunstet jeden Tag ein halber bis ganzer Liter Schweiß auf unserer Haut.
- Sportler können bis zu 1,8 Liter Schweiß pro Stunde abgeben. Sie beginnen früher zu schwitzen als Nicht-Sportler und schwitzen auch mehr, um den erhitzten Körper durch die Verdunstungskälte besser zu kühlen.
- In den Tropen fühlen wir uns nicht so wohl wie in trocken-heißen Regionen, denn in der feucht-warmen Luft kann weniger Schweiß verdunsten. Die Folge: Der Körper bleibt trotz des Schwitzens überhitzt. Wir können uns aber innerhalb von etwa 3 Wochen an ein heiß-schwüles Wetter gewöhnen: Beim Akklimatisieren lernt der Körper, nur so viel Flüssigkeit abzugeben, wie auf der Haut verdunsten kann.
- Gehen Sie regelmäßig in die Sauna, um die Schweißdrüsen zu trainieren. Wenn der Schweiß öfters mal in Strömen fließt und sie danach ausreichend trinken, werden die Körperzellen gut „durchgespült“.
Wichtig zu wissen:
Wer viel schwitzt, sollte eine haftende Sonnencreme auf die Haut auftragen, da sonst der UV-Schutz nicht mehr gewährleistet ist.
Große Knäueldrüsen dienen vor allem der Dufterkennung
Im Unterschied zu den kleinen Schweißdrüsen gibt es auch große (apokrine) Knäueldrüsen. Sie werden erst in der Pubertät gebildet und münden – im Gegensatz zu den ekkrinen Schweißdrüsen nicht an der Hautoberfläche – sondern in einem Haartrichter.
Da die großen Knäueldrüsen für den Menschen typische Duftstoffe absondern, heißen sie auch Duftdrüsen. Sie sitzen vor allem an der Basis von Haaren…
- in den Achselhöhlen
- um die Brustwarzen
- im Genitalbereich
- an den Augenlidern
- am Naseneingang
- an den Ohren
Die großen Knäueldrüsen werden durch starke emotionale Reize wie Wut, Schmerz, Stress, Angst, Lampenfieber und sexuelle Lust aktiviert. Der von ihnen gebildete, zähflüssige Schweiß dient jedoch weniger zur Abfuhr von innerer Wärme, sondern der Dufterkennung. Frauen können übrigens am Körpergeruch eines Mannes erkennen, ob die „Chemie stimmt“.
Ob der Schweißgeruch tatsächlich von der Haut bis zu unserer Nase gelangt, hängt von mehreren Faktoren ab – unter anderem davon, welches Deo oder Antitranspirant wir benutzen. Aber auch das „richtige“ Material der Kleidung ist entscheidend – bei Funktionsshirts wurde das bereits getestet.
Männer schwitzen übrigens in der Regel schneller und stärker als Frauen – beim Frieren ist es genau umgekehrt. Hier finden Sie 6 medizinische Gründe, warum Frauen schneller frieren.
Fazit:
Wir schwitzen, weil sich der Körper bei Hitze, beim Sport, bei körperlicher harter Arbeit und bei Stress aufwärmt und die überschüssige Wärme nach außen abführt. Wenn unsere eigene Klimaanlage versagen und keinen Schweiß produzieren würde, käme es schlimmstenfalls zum tödlichen Hitzschlag.
Zum Weiterlesen:
Hier finden Sie Informationen …
- über die Gründe, warum Männer schneller als Frauen schwitzen (Evolution des Schwitzens)
- über mineralischen und chemischen Sonnenschutz
- über 75 kühlende Lebensmittel zum Cool-down, denn wir können uns auch von innen durch die „richtige“ Ernährung kühlen. Beim Seelenwärmer-Foto-Projekt 2014 fotografieren die Teilnehmer unter anderem auch kühlende Lebensmittel und Speisen – schauen Sie doch mal rein!
Fotos: Karin Hertzer (2), Hohenstein Institute (1)
Text aktualisiert am 10. Mai 2016