Haftende Sonnenschutzmittel für Schwitzer

Sie schwitzen viel? Vor allem in der Sonne? Dann sollten Sie auf einen guten UV-Schutz achten – vor allem im Urlaub. Denn in unseren Breitengraden ist die Haut oft noch nicht gut genug vorgebräunt, sondern reagiert bei einer Reise in den sonnigen Süden schnell mit einem Sonnenbrand, der einem den ganzen Urlaub vermiesen kann. Auch haben Forscher mittlerweile eindeutig nachgewiesen, dass die Haut durch das Sonnenlicht schneller altert und so anfälliger für Hautkrebs wird. Die Münchner Dermatologin Dr. Juliane Habig erklärt, was Menschen, die besonders viel schwitzen, beim Sonnenbaden im Urlaub bedenken sollten.
Was ist wichtig beim Sonnenschutz, wenn man viel schwitzt?
Dr. Juliane Habig: Flüssige Lotionen eignen sich für Schwitzer nicht. Am besten sind gut haftende Sonnencremes, die einen hohen Anteil an mineralischem Sonnenschutz enthalten. Rein mineralische Sonnenschutzmittel erreichen hauptsächlich Lichtschutzfaktoren von 15 bis 30. Die Skala reicht aber weiter bis hin zu 50 und 50+. Solche hohen Lichtschutzfaktoren lassen sich mit reinen mineralischen Filtern aber schwieriger erreichen, deshalb werden sie häufig mit chemischen Filtern kombiniert. Für das Gesicht eignen sich getönte Sonnenschutzmittel in Stickform oder als festhaftendes Sonnen-Make-up, das es auch mit Sonnenschutzfaktor 50 gibt. Bei verstärktem Schwitzen – wie auch beim Aufenthalt im Wasser – sollte man öfters nachcremen, weil die Feuchtigkeit das Sonnenschutzmittel wegschwemmt.
Wer viel schwitzt, der reibt sich den Schweiß öfters von der Stirn. Was tun, wenn damit auch Sonnenschutzmittel ins Auge gelangt?
Zunächst einmal sollte man sich nicht so eincremen, dass das Präparat in die Augen gelangt. Haftfähige Präparate z.B. in Stickform sind sehr gut geeignet. Wenn doch Creme ins Auge gelangt, dann hilft nur Spülen mit lauwarmem Wasser.
Um die Haut vor UV-Strahlen zu schützen, wird auch empfohlen, langärmelige Kleidung und lange Hosen zu tragen. Was halten Sie davon?
Als Hautärztin freue ich mich über solche Erfindungen, denn sie bieten je nach Dicke des Materials einen guten Schutz an den entsprechenden Stellen. Aber Vorsicht, denn dünne Stoffe können noch viel Strahlung durchlasssen. Sonnenschutzcremes verleiten häufig zu dem Trugschluss, dass man sich damit problemlos der Sonne aussetzen und das Risiko von Hautkrebs vermindern könnte – aber das ist nicht so.
Ist Sonnencreme ein Schutzmittel gegen Hautkrebs?
Ein ganz klares Nein! Ein solches Mittel gibt es nicht, denn es gibt keine UV-Strahlung, die einerseits zur Bräune führt und andererseits negative Hautveränderungen ausschließt. Und weil die Ozonschicht immer dünner wird, vergrößert sich das Problem natürlich auch. Allein in Deutschland gibt es rund 250.000 Neuerkrankungen pro Jahr an hellem und ca. 18.000 an schwarzem Hautkrebs (Melanom).
Wer viel schwitzt, plagt sich vor allem im Sommer noch mehr als andere Menschen, denen die Hitze nicht so viel ausmacht. Welche Stoffe eignen sich als UV-Schutz?
Um die UV-Strahlen abhalten zu können, sollte der Kleidungsstoff dicht gewebt sein. Schwitzer sollten darauf achten, dass das Material zudem noch luftig und leicht ist. Trotzdem: Ein T-Shirt aus hellem Baumwollstoff hält nur 5 bis 10 % der Sonnenstrahlen ab, bei einem dunklen Stoff sind es mehr als doppelt so viel. Besser eignen sich Kleiderstoffe, Markisen und Sonnenschirme, in die reflektierende Partikel eingearbeitet sind – das funktioniert dann wie beim mineralischen Sonnenschutzmittel. Solche Materialien sollen bis zu 80 % der UV-Strahlen abhalten.
Wer sowieso schon viel schwitzt, schreckt aber davor zurück, sich noch „wärmer“ anzuziehen als unbedingt nötig. Was empfehlen Sie?
Es hilft alles nichts: Sonnenschutz muss sein! Also wird es auf eine Kombination aller Maßnahmen hinauslaufen: möglichst im Schatten bleiben, kühle Räume aufsuchen und mehrmals am Tag genügend Sonnenschutzmittel auftragen. Auch eine geeignete Ernährung und Entspannungsmethoden können helfen, nicht mehr so viel zu schwitzen. Bei lokalisiertem Schwitzen der Achseln bieten medizinische Methoden wie Spritzen mit Botulinumtoxin eine sehr wirksame Hilfe. Ob invasivere Maßnahmen wie das operative Absaugen der Schweißdrüsen oder das Durchtrennen des Sympatikusnervs sinnvoll sind, lässt sich nur im konkreten Einfall entscheiden.
Bei Sonnenschutzmitteln gibt es zwei grundsätzlich verschiedene Wirkprinzipien. Wie funktionieren die mineralischen Filter?
Das können Sie sich wie bei vielen kleinen Spiegeln vorstellen, die auf der Haut liegen und das Sonnenlicht reflektieren. Die mineralischen UV-Filter bestehen aus natürlichen, weißen Farbpigmenten – und zwar meist aus Titandioxid und Zinkoxid.
Daher hinterlässt die Sonnenschutzcreme, wenn sie nicht in Hauttönen gefärbt ist, beim Auftragen einen feinen, weißlich schimmernden Film auf der Haut.
Je kleiner die enthaltenen Teilchen sind, umso besser lässt sich die Creme auf der Haut verteilen. Mittlerweile wurden auch mineralische UV-Filter als Nanopartikel entwickelt, sie sind 1 bis 100 nm groß. Ein nm ist 10 hoch -9. Diese Nanoteilchen führen zu einer vergrößerten Schutzfläche – bei gleichem Gesamtvolumen.
Welche Vorteile haben mineralische UV-Filter?
• Vorteilhaft ist, dass die Sonnencreme sofort nach dem Auftragen schützt, weil die Reflektion der Sonnenstrahlen gleich nach dem Auftragen erfolgt. Die Wartezeit, wie man sie von chemischen UV-Filtern kennt, entfällt also.
• Positiv ist auch, dass mineralische Pigmente – im Gegensatz zu manchen chemischen Filtern – kaum allergen und chemisch stabil sind und daher keine schädlichen Reaktionsprodukte bilden.
Und was sind die Nachteile eines mineralischen Sonnenschutzes?
1. Technisch ist es nicht so einfach, Pigmente zu leicht auftragbaren Cremes und Lotionen zu verarbeiten. Man muss also etwas länger reiben, bis der weißliche Film auf der Haut verschwunden ist.
2. Von Nachteil ist auch, dass es nur mit mineralischen Filtern schwierig ist, einen extrem hohen Lichtschutzfaktor zu erreichen. Dafür wird er meistens immer noch mit dem chemischen UV-Schutz kombiniert. Ich habe mittlerweile auch Präparate gefunden, die rein mineralisch bis 50 gehen – es sind zwar noch wenige, aber immerhin.
3. Ein gesundheitliches Problem stellen möglicherweise die Nanopartikel dar. An umfassenden Studien, die dies korrekt belegen, mangelt es allerdings.
4. Sonnenschutzmittel mit Nanopartikeln sollte man möglichst nicht schlucken. Das macht bestimmt niemand absichtlich, aber bei kleinen Kindern kann das schon mal passieren. Die Forschungen dazu sind noch nicht abgeschlossen. Derzeit nimmt man aber an, dass die Nanopartikel im Magen-Darm-Trakt dazu beitragen können, dass sich gutartige Gewebeneubildungen bilden. Wenn Eltern also ihre Kinder mit denselben Mitteln eincremen wie sich selbst, sollten sie die Tuben und Flaschen außer Reichweite der Kleinen aufbewahren.
Nun zu den chemischen Sonnenschutzmitteln. Wie funktionieren sie?
Sonnenschutzmittel, die nur chemische UV-Filter enthalten, dringen recht gut in die äußere Schicht der Oberhaut ein. Bis sie jedoch ihre volle Wirkung entfalten, vergehen 20 bis 30 Minuten – sozusagen bis alle im Sonnenschutzmittel enthaltenen Moleküle aktiv werden. Um was es sich dabei genau handelt, steht auf der Verpackung – zum Beispiel Benzon, Trisiloxan oder Drometrizol.
Die Aufgabe der chemischen Sonnenschutzmittel ist es, die in die Haut eingedrungenen UV-Strahlen in andere Energieformen wie Wärme umzuwandeln. Dabei entstehen aber auch chemische Reaktionsprodukte, deren Wirkung noch nicht vollends erforscht ist und deren Unbedenklichkeit nicht immer bewiesen werden kann.
Aber keine Sorge: Es wird einem nicht heißer dabei, wenn man chemische Sonnenschutzmittel verwendet. Wer viel schwitzt, tut das aus anderen Gründen.
Bei Sonnenschutzmitteln lassen sich UV-A- und UV-B-Filter unterscheiden, Breitbandfilter können beide Lichtspektren umwandeln. Wie wirken sie?
• Die UV-A-Strahlen gelangen durch die Hornhaut bis in die Lederhaut. Dort schädigen sie die Kollagenfasern und lassen die Haut vorzeitig altern. UV-A-Filter wirken also einer frühzeitigen Hautalterung entgegen.
• Die UV-B-Strahlen sind energiereicher. Sie wirken vorwiegend in der Oberhaut, können aber auch einen Sonnenbrand verursachen. UV-B-Filter schützen also vor einem Sonnenbrand.
Die Bezeichnung Sunblocker sollte man nach Vorgaben der EU-Kommission übrigens nicht mehr verwenden. Das Wort lässt nämlich fälschlicherweise vermuten, dass ein Sonnenschutzmittel vollständig vor UV-Strahlen schützen könnte – aber das geht nicht.
Welche Vorteile haben chemische UV-Filter?
Das lässt sich ganz kurz erklären: Es sind dabei höhere Lichtschutzfaktoren als bei den mineralischen Filtern möglich.
Die Liste der Nachteile von chemischen Sonnenschutzmitteln ist wesentlich länger. Wie erklärt sich das?
1. Chemische UV-Filter zersetzen sich nach 3 bis 6 Monaten. Sie brauchen also in jeder Saison neue Produkte, um einen Sonnenbrand zu vermeiden.
2. Bestimmte UV-Filter stehen im Verdacht, hormonell zu wirken. Das zeigte sich in Studien bei Zellversuchen im Reagenzglas und bei Tierversuchen, deren Fortpflanzungsfähigkeit so beeinflusst wurde.
3. Die Kritik der Zeitschrift Ökotest (2012) bezieht sich vor allem auf den Inhaltsstoff Octocrylene, weil er nicht nur hormonell wirken soll, sondern auch allergische Reaktionen auslösen kann.
4. Chemische UV-Filter haben Wissenschaftler als Rückstände in der Umwelt, in Fischen und in der Muttermilch nachgewiesen. Welche Schäden die ermittelten Mengen hervorrufen können, ist noch nicht erwiesen.
Vielen Dank für das Interview!
Dr. Juliane Habig ist Fachärztin für Dermatologie und Allergologie und hat eine molekularbiologische Zusatzausbildung. Sie führt eine eigene Praxis, hält Vorträge und moderiert Veranstaltungen, Podiumsdiskussionen und Pressekonferenzen.
Fazit:
Wer viel schwitzt, geht automatisch aus der Sonne. Doch auch im Schatten ist ein Sonnenschutzmittel notwendig. Für Schwitzer eignen sich Sonnenschutzmittel mit mineralischen UV-Filtern besser als solche mit chemischen UV-Filtern. Beides hat Vor- und Nachteile.
Ihre Erfahrungen:
Wie gut kommen Sie mit mineralischen Sonnenschutzmitteln zurecht? Welche Erfahrungen haben Sie mit Sonnenschutzkleidung? Was empfehlen Sie gegen den Schweißgeruch in Textilien? Wussten Sie, dass auch Pflanzen einen UV-Schutz aufbauen müssen?