Klima-Michel friert und „fühlt“ Kältestress

Es soll ja Menschen geben, die wissen, wie warm es ist, und trotzdem sagen, dass „es“ ziemlich kalt sei. Eigentlich meinen sie: „Mir ist kalt.“ Aber das können andere überhaupt nicht verstehen. „Mir ist warm“, geben die dann zurück und schütteln ungläubig den Kopf. Was Sie schon immer mal über den Klima-Michel wissen wollten, der für den Deutschen Wetterdienst die gefühlte Temperatur misst.

Der Klima-Michel ist ein Standard-Mann

Wie wirken sich Wetter und Klima auf die Gesundheit des Menschen aus? Mit dieser Frage beschäftigen sich unter anderem die Medizin-Metereologen des Deutschen Wetterdiensts (DWD). Um das Bio-Klima für den menschlichen Organismus berechnen zu können, legte Gerd Jendritzky 1990 die Kriterien für die „Gefühlte Temperatur“ fest – und darauf basiert auch das Klima-Michel-Modell. Warum der DWD keine Klima-Michaela ausgewählt hat, ist mir jedoch schleierhaft.

Das Standard-Modell:

  • Der Klima-Michel ist 35 Jahre alt.
  • Er ist 1,75 m groß und wiegt 75 kg.
  • Seine Körperoberfläche misst 1,9 Quadratmeter.
  • Je nach Lufttemperatur trägt er Winter- bzw. Sommerkleidung.
  • Er bewegt sich bei Windstille so schnell wie ein Spaziergänger.
  • Die Messungen erfolgen bei klarem Nachthimmel bzw. im Schatten.
Der Windchill-Effekt lässt uns schneller frieren

Wenn es im Herbst oder Winter so richtig stürmt, fühlt sich das viel kälter an, als man es beim Blick aufs Thermometer eigentlich annehmen würde. Diese Windchill-Temperatur ergibt sich aus einer rechnerischen Kombination von Lufttemperatur und Windgeschwindigkeit.

Annahmen für die Berechnung der Windchill-Temperatur:

  1. Die Lufttemperatur ist niedriger als 10 Grad Celsius.
  2. Die Luft ist trocken, da die Luftfeuchtigkeit bei weniger als 10 Grad zu vernachlässigen ist.
  3. Der Wind ist „schwach“ und hat eine Windgeschwindigkeit von 1,34 m / Sekunde. Dieser Wert lässt sich auf der Körperoberfläche messen, wenn man bei Windstille spazieren geht.
  4. Die Sonneneinstrahlung wird nicht einbezogen.

Ein Beispiel aus der Tabelle für die Windchill-Temperaturen verdeutlicht die Zusammenhänge:

  • Windgeschwindigkeit: 55 km / Stunde
  • Lufttemperatur: 5 Grad Celsius
  • Die Windchill-Temperatur ergibt sich mit minus 1,6 Grad Celsius. Dieser Wert ist aber nicht messbar. Er beschreibt nur, dass sich die gemessenen 5 Grad bei einer solchen Windstärke wie -1,6 Grad bei Gehgeschwindigkeit anfühlen.
  • Obwohl die Windchill-Temperatur unter Null Grad liegt, wird man also nicht erfrieren. Denn der Wert gibt nicht an, wie kalt der Körper bei dieser Windgeschwindigkeit wird.

Vor allem für Bergsteiger und Skifahrer im Hochgebirge sowie Wissenschaftler in Polarregionen ist die Windchill-Temperatur eine wichtige Angabe, um das Erfrierungsrisiko besser einschätzen zu können. Die entscheidenden Werte:

  • Bei einer Hauttemperatur von -4,8 Grad treten innerhalb von 30 Minuten bei 5 Prozent der Menschen die ersten Erfrierungen auf.
  • Das entspricht einer Windchill-Temperatur von rund -29 Grad.
  • Dieser Wert wird beispielsweise erreicht bei -15 Grad Lufttemperatur und einer Windgeschwindigkeit von 55 km/ Stunde – aber auch bei -20 Grad Lufttemperatur und einer Windgeschwindigkeit von 15 km / Stunde.

Für die USA gibt der National Weather Service eine Windchill-Tabelle heraus, die eine Verweildauer von 5, 10 und 30 Minuten einbezieht.

Die gefühlte Temperatur hängt von mehreren Faktoren ab

Da die Windchill-Temperatur wärmere Lufttemperaturen als 10 Grad und die Sonneneinstrahlung ausschließen, erfasst der Wert nicht, wie es uns bei schwül-warmem Klima in den sonnigen Tropen ergeht.

In die gefühlte Temperatur fließen alle 4 Faktoren ein:

  1. Lufttemperatur
  2. Windgeschwindigkeit
  3. Luftfeuchtigkeit
  4. lang- und kurzwellige Strahlungseinflüsse

Unser thermisches Wohlbefinden beeinflussen noch zwei weitere Faktoren:

  • die Kleidung, die wir tragen
  • unsere Stoffwechselaktivitäten (metabolische Rate)

Behaglich fühlen wir uns, wenn die gefühlte Temperatur zwischen 0 und 20 Grad Celsius liegt. Wichtig: Die gemessene Temperatur wird in der Regel davon abweichen.

  • Kältestress zeigt der Kima-Michel an, wenn er trotz warmer Winterkleidung „friert“. Als extremen Kältestress bezeichnet man gefühlte Temperaturen unter -39 Grad.
  • Eine Wärmebelastung ergibt sich, wenn der Klima-Michel trotz leichter Sommerkleidung ins Schwitzen kommt.

Fazit:

Medizinische Meteorologen beobachten, wie sich das Wetter und das Klima auf unsere Gesundheit auswirken. Der Klima-Michel des Deutschen Wetterdienstes gibt die gefühlte Temperatur an, die bei ungünstigen Bedingungen zum Kältestress führen kann.

Ihre Erfahrungen:

In welchen Situationen haben Sie den Windchill-Effekt als besonders unangenehm empfunden? Welches Beispiel für gefühlte Temperaturen fällt Ihnen ein, die Ihnen einen Kältestress bereitet haben? Wie schützen Sie sich vor Wind und Kälte?

Foto: Ryan Gander stellte im Eingangsbereich der Dokumenta im Sommer 2012 nichts weiter als einen Windhauch aus. Sein zugiges Kunstwerk ließ den Windchill-Effekt erahnen, der jedoch erst unter 10 Grad Celsius wirksam wird. Foto: Karin Hertzer

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