Frierendes Fahrrad: Urban Knitting für Marketing und PR

Vom Urban Knitting bin ich immer wieder fasziniert. Die Bewegung, die 2005 in Texas mit Magda Sayeg und Knitta Please begann, kam 5 Jahre später nach Europa. Mittlerweile sind auch schon einige Firmen auf die Idee gekommen, Gegenstände und Produkte warm einzupacken, um damit auf sich aufmerksam zu machen.

Rosa Häkelbezug für den Sattel

Hätten Sie gedacht, dass auch Fahrräder frieren können? In Basel scheint das so zu sein, denn dort stand mitten im Sommer ein bunt-bestricktes Rad am Straßenrand. Urban Knitting oder Yarn Bombing heißt der Trend, der jetzt auch in Europa angekommen ist. Ob Räder, Bäume, Poller oder Straßenlaternen: Die fleißigen Strickerinnen packen alles warm ein, was ohne „Deckmäntelchen“ alltäglich, langweilig oder häßlich aussieht.

Etwas verwirrend finde ich die Rad-Aktion in Basel aber schon, denn mit dem bestrickten Fahrrad kann man ja gar nicht mehr fahren. Trotzdem ist das bunte Rad ein netter Hingucker, und der rosa Häkelbezug für den Sattel würde auch den Po schön warm halten – wenn man denn mit dem urigen Gefährt durch die Stadt radeln könnte.

Pulswärmer für das kalte Metallgeländer der Rheinbrücke

„Die Basler sind ganz vernarrt ins Stricken. Sie haben auch die Wettsteinbrücke über den Rhein eingepackt„, schrieb mir Petra Wüst aus Basel. Um den Handlauf des kalten Metallgeländers zu dekorieren, motivierte die Künstlerin Katrin Stalder 35 Mitglieder der Gruppe „Basel farbArtig verstriggt“. Am 9. Juni 2012 war es dann so weit. Das Eisengeländer bekam Pulswärmer – oder auf Baseldytsch: Ammedyysli.

Zwei Wochen lang erfreute der kuschelige Überzug die Basler Bürger – sie sind es auch, die mit Fotos und Berichten an deren Freunde und Bekannte die PR von ganz allein ins Rollen bringen. In der Online-Ausgabe der Basler Zeitung meldeten sich zu den neuen Pulswärmern der Wettsteinbrücke 504 Leute zu Wort: zwei Dritteln gefiel die Aktion, die anderen standen dem Ganzen eher skeptisch gegenüber.


Angela Hoffmann Rad frieren schwitzenDie Münchner Urban Knitterin Angela Hoffmann berichtet bei Facebook unter „girlie + bambi + schneewittchen“ über ihre Aktionen, die mich immer wieder schmunzeln lassen. Leider hat die Fremdsprachensekretärin Probleme bei Kälte:  Sie muss schon ab September draußen Handschuhe anziehen. Bei Kontakt mit kaltem Wasser bekommt sie sofort weiße Hände. Das ist natürlich sehr ärgerlich, denn mit frierenden Händen kann man partout nicht stricken.


Marketing- und PR-Kampagnen: Die Methode, mit warm eingepackten Gegenständen und Produkten auf sich aufmerksam zu machen, motivierte auch schon einige Veranstalter, Organisationen und Firmen zu neuartigen Marketing- und PR-Kampagnen:

  • Die Teilnehmerinnen der DLD-Konferenz in München bestrickten im Januar 2012 die auf der Bühne stehenden, großformatigen Buchstaben DLD.
  • Mit Häuserfotos beklebte Litfasssäulen in Wiesbaden erhielten rote Pudelmützen.
  • Ein Strickmob warb mit einem Netz aus viel grüner Wolle (Video) und dem Slogan „O’gstrickt is!“ auf dem Münchner Marienplatz für mehr Umweltschutz.

Fazit:

Fürs Urban Knitting engagieren sich freiwillige Strickerinnen, um die Gegenstände des Alltags warm zu verpacken. Ob Fahrräder, Brückengeländer oder Litfasssäulen – der Phantasie sind auch die Marketing- und PR-Aktionen von Firmen, Organisationen und Veranstaltern keine Grenzen gesetzt.

Ihre Meinung:

Wie finden Sie solche Strick-Aktionen? Hätten Sie Lust, selbst mal daran teilzunehmen? Welches Ihrer Produkte würden Sie gern mal warm einpacken?

Foto: Petra Wüst (1), Angela Hoffmann (1)

2 Kommentare

  • Susanne Vieser

    Urban Knitting finde ich eine schöne Sache. Bloß wenn Firmen sich diese spontane Art, sich auszudrücken, vereinnahmen, finde ich das nicht mehr toll. Gelegentlich kann das ja eine schöne Sache werden, aber wenn’s eine Firma entdeckt, wird es ganz schnell fade, blöd – und ich befürchte, der eigentlichen Sache geht dann die Luft aus.

    • Das kann doch auch ganz lustig sein. Deshalb wäre ich nicht pauschal gegen das Urban Knitting als eine PR-Aktion für Firmen, die sich auf Produkten und Dienstleistungen zum Frieren oder Schwitzen spezialisiert haben. Wenn es die Leute aus ihrem Alltagstrott herausholt und sie schmunzeln lässt, umso besser.
      Umgekehrt regt es vielleicht die privaten Urban Knitter, sich auch immer wieder etwas Neues auszudenken. Oder sie entdecken auf diesem Wege, dass sich mit dem Stricken und Kreativität auch Geld verdienen lässt. Was ja auch ein positiver Nebeneffekt wäre.

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