Raynaud-Syndrom: „Ich friere schon, wenn es im Fernsehen schneit“

Manche Menschen frieren besonders oft – dazu gehört auch Simone. Hinzu kommt, dass sie ein ganzes Bündel unangenehmer Krankheiten hat, die ihren Alltag enorm beeinträchtigen. Kennengelernt habe ich die 39-Jährige, die in der Nähe von Erlangen lebt, in einer Facebookgruppe. Dort tauschen sich Frauen mit dem so genannten Raynaud-Syndrom aus. Hier berichtet Simone, wie sie ihr Leben meistert.

11 Fragen: „Eiskalte Finger schon morgens beim Aufstehen“

1.  Wie erklärst du dir, dass du oft frierst?

Ich habe ein sekundäres Raynaud-Syndrom, in meinem Falle ist das eine Begleiterkrankung der Sklerodermie. Bei dieser Bindegewebserkrankung kommt es zu einer Verhärtung und Verdickung der Haut, die Weißfingerkrankheit kommt dann noch obendrein hinzu. Mediziner sprechen in meinem Falle von einem sekundären Raynaud-Syndrom, weil die Frieren-Anfälle nicht eigenständig wie bei der primären Form auftreten.

Bemerkt habe ich das Raynaud-Syndrom mit 15 oder 16 Jahren, als wir im Skilager waren und mir dort regelrecht die Finger und Zehen abgefroren sind, obwohl ich genauso dick eingemummelt war wie die anderen. Als ich danach zum Lymphologen ging, sagt er mir gleich, dass ich die Weißfingerkrankheit habe.

Der Zusammenhang mit der Sklerodermie wurde vor drei Jahren in der Uniklinik diagnostiziert. Weitere Begleiterscheinungen habe ich bisher zum Glück noch nicht. Ich gehe aber regelmäßig zum Pneumologen und zum Kardiologen, um weitere Krankheiten auszuschließen.

Zusätzlich habe ich noch Diabetes 1. Daher muss ich in den unmöglichsten Momenten meinen Blutzucker messen, weil ich Anst habe, im Unterzucker zu sein. Um das Blut testen zu können, muss ich in die Fingerkuppe stechen – es tritt aber nur dann genügend Blut aus, wenn die Finger ausreichend durchblutet sind.

Eine Begleiterscheinung des Frierens ist, dass ich mich im Schulterbereich sehr schnell verspanne. Ich ziehe wohl unbewusst die Schultern oft hoch, um die Körperwärme zu halten – was aber nicht klappt, sondern nur zu Verspannungen führt.

Zu alledem kommt hinzu, dass ich eine Schilddrüsenüberfunktion habe. Um sie zu minimieren, habe ich schon mal eine Radio-Jod-Therapie hinter mir.

Ehrlich gesagt habe ich ziemliche Angst, was da noch so auf mich zukommen könnte – aber es muss ja nicht passieren.

2. Wie stark beeinflusst das Frieren deinen Alltag?

eisfach_frieren_schwitzen_kDas Frieren behindert mich bei den kleinsten Dingen und schränkt mich im Alltag sehr stark ein. Im Sommer geht’s einigermaßen, aber im Herbst fangen die Probleme wieder an.

Es geht bereits morgens los, denn wenn ich aus dem Bett hüpfe, sind die Finger schon weiß. Dann muss ich aber meinen Blutzucker messen.

Ich bekomme sofort weiße Finger, wenn ich etwas aus dem Tiefkühlregal nehme, wenn ich Wäsche aufhänge oder auch nur mal schnell die Hände mit kaltem Wasser abspüle.

Weil ich so schnell anfange zu frieren, bin ich im Winter selten draußen aktiv. Wenn meine Kollegen oder Freunde nach der Arbeit auf den Weihnachtsmarkt gehen, geh ich nicht mit. Das Skifahren habe ich auch aufgegeben, und längere Spaziergänge meide ich ebenso.

3. In welchen Situationen frierst du besonders stark?

Ich friere besonders heftig, wenn es zieht. Auch wenn ich kalte Getränke trinke oder ein Eis esse, fange ich an zu frösteln.

Mich schüttelt es auch sofort, wenn ich jemanden sehe, der meiner Meinung nach zu luftig angezogen ist. Ich fange auch an zu frösteln, wenn ich im Fernsehen eine Sendung sehe, in der Schnee liegt – oder noch schlimmer, wenn es ein Krimi ist, bei dem jemand im kalten Wasser am Ertrinken ist.

4. Was hilft dir am besten gegen kalte Füße im Bett?

Außer im Hochsommer mache ich mir jeden Abend eine schöne Wärmflasche fürs Bett.

5. Welche heißen Tipps hast du bei kalten Händen?

handwaermer_mit_gel_frieren_schwitzen_kUm warme Hände zu bekommen, helfen mir Taschenwärmer am besten. Sie sind mit einem Gel und einem Klickplättchen gefüllt. Nach dem Anklicken beginnt eine chemische Reaktion, bei der sich Hitze entwickelt. Nach etwa einer halben Stunde wird die Füllung fest, und die Wärme lässt nach. Zu Hause lege ich sie in heißes Wasser, damit die Füllung wieder flüssig wird. So kann ich sie immer wieder benutzen.

Wärmepäckchen benutze ich, wenn ich ab Herbst länger im Freien bin oder Auto fahre. Sie sind mit einer Mischung aus Aktivkohle, Eisen und Wasser gefüllt. Die Päckchen sind vakuumverpackt. Nach dem Aufreißen reagiert die Füllung mit dem Sauerstoff aus der Luft, und sie werden für mehrere Stunden warm. Die Päckchen kann man nur einmal benutzen. Ich stecke sie mir in die Handschuhe, um meine kalten Finger damit aufzuwärmen.

6. Welche Kleidungsstücke ziehst du im Winter am liebsten an?

Im Winter helfen bei mir Ski-Unterwäsche aus Funktionsmaterial, dicke Socken, Schal, Stulpen, Wollpullis und ärmellose Daunenwesten gegen das Frieren.

Schrecklich finde ich unsere großen Büros bei der Arbeit, weil sie sehr, sehr zugig sind. Leider reißen meine Kolleginnen ständig die Fenster auf, um zu lüften, während ich meine Finger an der Teetasse wärme und mir einen zweiten Schal umbinde.

Diesen Winter möchte ich es mal mit einer Sitzwärmflasche versuchen, vielleicht funktioniert das ja ähnlich gut wie mit meiner Sitzheizung im Auto.


Weitere Interviews zur Weißfinger-Krankheit
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Hier berichten 4 Frauen mit primärem Raynaud-Syndrom, wann sie Anfälle mit eiskalten Fingern bekommen und was sie schon dagegen ausprobiert haben:

Hier geht’s zu deutschsprachigen Raynaud-Gruppe bei Facebook, die Yvonne gegründet hat.


7. Ernährst du dich im Winter anders als im Sommer? Wenn ja: Welche Wirkung hat das?

Morgens mache ich mir gern eine wärmende Haferflockensuppe, um so mein inneres Feuer zu entfachen und mit einer warmen Grundlage in den Tag zu starten. Wenn ich aber zu spät dran bin, fehlt mir die Zeit, um mir ein warmes Frühstück zu machen.

8. Welche körperliche Aktivität oder Sportart hilft dir am besten gegen das Frieren?

Ich gehe gerne auf meinen Cross-Trainer, allerdings habe ich feststellen müssen, dass ich dabei anscheinend auch irgendwie verkrampfe. Meine Finger werden dann nicht mehr durchblutet und laufen weiß an. Mein Lieblingssport ist die Sauna.

9. Über welches deiner Frieren-Erlebnisse könnte man glatt mal ein lustiges Video drehen?

Naja, ein Video wird’s wohl nicht werden – aber wenn mein Mann mit kurzen Hosen und Shirt auf dem Sofa liegt und ich mit Wärmflasche und Wolldecke daneben, ist das schon immer etwas amüsant.

10. Wenn du dir etwas wünschen dürftest: Was müsste gegen das Frieren noch erfunden werden?

Ich würde mir wünschen, dass meine Finger immer durchblutet werden und ich den Blutzucker immer messen kann, wenn ich das Bedürfnis danach habe.

schneefrau_frieda_frieren_schwitzen_kTrendigere, warme Pullover fände ich toll, die ich auch bei der Arbeit tragen kann. Die meisten modernen Klamotten sind immer so dünn, dass ich selbst mit zwei Schichten darunter noch friere. Ich ziehe dann immer einen dicken Wollpulli an und schaue aus wie ein Schneemann – dabei gäbe es sooo viele schöne Klamotten, die ich viel lieber tragen würde.

11. Zum Schluss noch etwas ganz anderes: Wie gut kommst du eigentlich mit dem Schwitzen zurecht?

Was ist schwitzen??? Ich war diesen Sommer in der Türkei bei 40 Grad und muss sagen, dass ich da das eine oder andere mal schon geschwitzt habe. Allerdings war das erst dann, wenn ich was Warmes gegessen hatte und das Essen meinen Körper zusätzlich von innen heraus erwärmt hat. Sonst wüsste ich nicht, wann ich das letzte Mal so richtig geschwitzt habe – außer in der Sauna.


Tipps zum Online-Einkauf von beheizbaren Handschuhen

zwei_beheizbare_handschuhe_waermebild_ frieren_schwitzen_kFür meinen Blog habe ich 5 Frauen mit Raynaud-Syndrom gebeten, mir etwas über Ihre Frieren-Krankheit zu erzählen. Es freut mich, dass sie auch an den Tests zu beheizbaren Handschuhen teilgenommen haben.

Wenn Ihnen meine Artikelserie zum Raynaud-Syndrom und zu unseren ausführlichen Testberichten gefällt und sie sich bei Amazon umschauen möchten, können Sie >>> hier klicken und aus einer Fülle von beheizbaren Handschuhen verschiedener Firmen auswählen.

Frieren

Kalte Hände

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Fotos und Zeichnung: Karin Hertzer

Text aktualisiert am 29.9.2022

10 Kommentare

  • Annika

    Hallo Karin,

    deine Beiträge sind super, vielen lieben Dank dafür! Ich leide seit 2 Jahren an Sklerodermie und als Vorbereitung für die kalte Jahreszeit bin ich erneut auf der Suche nach geeigneten, wärmenden Handschuhen, welche mir trotz der Kälte einen Spaziergang ermöglichen und möglichst nicht zu klobig sind.

    Daneben suche ich aber auch Handschuhe, die mir den Alltag erleichtern, wie z. B. Gartenarbeit oder Wäsche aufhängen. Hast du mir hierzu einen guten Tipp, wo ich nachfragen kann?

    Vielen Dank schon jetzt für deine Unterstützung und viele Grüße
    Annika

    • Karin Hertzer

      Liebe Annika,
      ich schicke dir eine Mail mit einer Adresse, wo du dich noch genauer informieren kannst.
      Alles Gute! Herzliche Grüße von Karin Hertzer

  • lena

    Hallo,
    ich habe diese Website soeben entdeckt und habe das Vergnügen damit, schon seit Jahren ebenfalls sekundär, aber durch EDS (Ehlers-Danlos-Syndrom). Bin ein Zebra.
    Eine Ärztin (Anfang 60) sagte mir, sie hätte es noch nie schlimmer gesehen.
    Super Webseite! Endlich mal Informationen dazu.
    Streifige Grüße Lena

    • Karin Hertzer

      Liebe Lena, Danke für deinen Kommentar. Mit dem Ehlers-Danlos-Syndrom habe ich mich ehrlich gesagt noch nicht so genau beschäftigt. Wie läuft ein Frieren-Anfall bei dir ab?
      Sonnige Grüße von Karin

  • Daniela

    Hallo Karin,

    weißt du zufällig, welche Handschuhe Simone für gut befunden hat? Ich habe ebenfalls das sekundäre „Vergnügen“ mit Sklerodermie und möchte in der kühlen Jahreszeit trotzdem mal raus, gerade mit meiner kleinen Tochter.
    Danke & Lg

    • Karin Hertzer

      Liebe Daniela,
      Danke für deine Nachfrage. Ich kann mich leider gerade nicht erinnern, ob Simone überhaupt bei den Tests mitgemacht hat. Ob primäres oder sekundäres Raynaud-Syndrom ist eigentlich egal, denn du musst aufpassen, dass der Frieren-Anfall erst gar nicht beginnt. Und das kannst du verhindern, indem du die beheizbaren Handschuhe schon drinnen anziehst. So kommt es nicht zum Schock für die Finger, wenn du rausgehst. Ich maile dir mal eine Adresse, wo du noch genauer nachfragen kannst.
      Alles Gute, liebe Grüße von Karin

  • Stephanie Swoboda

    Hallo zusammen,
    Hallo Karin,

    Dein Beitrag hat mir sehr geholfen. Ich komme aus Nürnberg, bin 23 Jahre alt und habe seit einem Jahr die Diagnose Raynaud-Syndrom – allerdings sekundär als Nebenerscheinung einer Autoimmunkrankheit.
    Ich bin zum ersten Mal auf Gleichgesinnte hier gestoßen. Leider bin ich nicht bei Facebook, allerdings bin ich auf der Suche nach Tipps, wie ich das Frieren abstellen und vermeiden kann.
    Ich friere ab Herbst bis in den Frühling täglich und dauerhaft. Im Büro ziehe ich meine Winterjacke gar nicht mehr aus, zu Hause im Warmen liege ich nie ohne Decke auf dem Sofa. Tee und Decke helfen nur eine gewisse Zeit, spätestens nach einer Stunde ist mir wieder kalt.
    Ich bin sehr dankbar für diesen Beitrag! Ich werde versuchen, ein paar Tipps für meinen Weg mitzunehmen. Vielleicht hat jemand noch mehr Tipps für mich.

    Danke

    • Karin Hertzer

      Liebe Stephanie,

      es freut mich, dass du hier ein paar Tipps finden konntest. Die Facebookgruppe ist wirklich sehr aktiv und hilfreich. Frag doch mal eine Freundin, die schon einen Account hat, ob sie dich dort mal anmeldet. Dann kannst du über sie mitlesen und Fragen stellen.

      Ich kann dir auch gern den Kontakt zu der Administratorin vermitteln, hier habe ich sie interviewt: https://warmup-cooldown.de/frieren-fragebogen-raynaud-yvonne-meier/

      Sonnige Grüße von Karin

  • Anja

    Hallo Zusammen
    Hallo Karin

    Ich bin auf diese Seite gestoßen und möchte ein großes Kompliment machen!

    Eben komme ich von einer Patientin mit Diabetes zurück. Ich hatte den Auftrag, Blutzucker zu messen. Leider musste ich sie mehrere Male stechen und hatte trotzdem kein Blut für die Blutzuckerbestimmung. Wasserbad, Hände reiben und bewegen haben nicht ausgereicht, um die Durchblutung zu verbessern.
    Mir ist dabei aufgefallen, wie auffallend schnell ihre Finger weiß wurden, kalt waren – und ich erinnerte mich an das Raynaud-Syndrom.
    Jetzt suche ich nach einer guten Lösung, um in Zukunft den Blutzucker messen zu können! Ich werde mal Heizbeutel oder Handschuhe vorschlagen. Ansonsten könnte der Blutzucker möglicherweise mittels Sonde am Unterarm gemessen werden. Falls jemand schon eine Lösung gefunden hätte, wäre ich froh um einen Tipp.

    Herzlich, Anja

    • Karin Hertzer

      Liebe Anja,

      Danke für dein Lob! Es gibt eine Facebookseite für Raynaudpatienten. Dort bin ich Mitglied, obwohl ich selbst nicht betroffen bin. Ich werde dort mal für dich nachfragen, ob jemand eine gute Lösung kennt. Ich melde mich dann wieder.

      Sonnige Grüße von Karin

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