Wolle für Outdoor-Kleidung: Überblick über den Markt

Fakten über das Who is Who im Wolle-Markt: Auf der ISPO in München habe ich Johann Mittermayr von der australischen Woolmark Company kennengelernt. Als Country-Manager ist er für das Wolle-Marketing in Deutschland, Österreich und die Schweiz zuständig, im Sportbereich fungiert er als Outdoor-Manager für den europäischen Markt. Da wir auf der Messe zu wenig Zeit für ein ausführliches Interview hatten, habe ich ihn in seinem Büro in Düsseldorf angerufen.

Letztes Jahr haben Sie den International Woolmark Prize an den belgischen Strick-Designer Christian Wijnants verliehen. Welche Bedeutung hat Wolle heutzutage für Modedesigner?

Johann Mittermayr: Den International Woolmark Prize verleihen wir seit 1954, an dem Wettbewerb haben schon viele der großen Designer der Welt teilgenommen. Karl Lagerfeld hat ihn mit einem Wollmantel gewonnen, Yves Saint Laurent mit einem Kleid aus Wolle. Giorgio Armani folgte 1989, Dolce & Gabbana 1991 und Donna Karan 1992. Für viele Modeschöpfer bedeutete dieser Preis den Start in die internationale Karriere.

Der belgische Strickdesigner Christian Wijnants ging für seine Kollektion von nur einem Garn aus, das er in Handarbeit zu Jersey und zu grobem Strick verarbeiten ließ. Auch seine Färbemethoden setzen ganz neue Maßstäbe, die die Jury aufhorchen ließ. (Video)

Die Woolmark Company ging aus dem bereits 1937 gegründeten International Wool Secretariat (IWS) hervor. Die Mutterfirma ist die Australian Wool Innovation (AWI) mit  Hauptsitz in Sydney, der Büros in 24 Ländern angeschlossen sind. Wie kam es dazu, dass Australien eine so wichtige Rolle für die Bekleidung aus Wolle spielt?

Johann Mittermayr Woolmark CompanyDie Merionoschafe verbreiteten sich im 12. Jahrhundert von Nordafrika nach Spanien, wo es bis zum 18. Jahrhundert ein strenges Ausfuhrverbot gab. Erst als eine kleine Herde nach Australien gelangte, begann der weltweite Aufschwung in der Wolle-Industrie. Das Land Sachsen importierte übrigens auch Merinoschafe aus Spanien, daher galt die Region östlich der Elbe bis Anfang der 1940er Jahre als „Merinogebiet“.

In Australien leben mittlerweile rund 75 Millionen Schafe, die meisten sind Merinos. Diese Rasse liefert eine besonders feine Wolle, die sich für jegliche Bekleidungsprodukte eignet. Australien erzeugt mittlerweile rund 350 Millionen kg Wolle pro Jahr. Die AWI vertritt die Interessen von 27.000 australischen Schafzüchtern, die mit ihrer Wolle einen Marktanteil von 80 bis 85% bei feinen Bekleidungswollen erreichen.

Welche Garantie habe ich als Kunde, wenn ich einen Pullover mit Woolmark-Siegel kaufe?

Das Siegel vergeben wir nur an Firmen, deren Produkte unsere Qualitätskriterien erfüllen. Die Spezifikationen umfassen beispielsweise die Nahtfestigkeit, und die Farben dürfen beim Waschen nicht ausbluten.

Für die Lizenz zahlen die Hersteller eine jährliche Gebühr. Auf den einzelnen Pullover heruntergerechnet sind das nur Centbeträge, aber auch daran wollen leider einige Modemarken sparen. Sie argumentieren dann damit, dass ihr eigenes Label schon aussagekräftig genug sei.

Bei Produkten mit dem Woolmark-Siegel können Sie sicher sein, dass sie im Labor nach unseren Kriterien untersucht wurden und einwandfrei sind. Wir machen auch zwischendurch immer wieder mal Stichproben. Falls es bei einem Pulli trotzdem etwas zu beanstanden geben sollte, können Sie sich mit der Nummer auf dem Etikett an uns wenden. Reklamationen kommen bei uns aber nur sehr selten vor.

Wie wirbt die Woolmark Company für die australische Merinowolle?

Wir sind weltweit auf allen wichtigen Messen vertreten und konzentrieren uns derzeit auf 3 Kampagnen:

  1. Bei „Merino – No finer feeling“ geht es um das Wohlgefühl, das hochwertige Wollkleidung beim Tragen vermittelt.
  2. Für die „Campaign for Wool“ setzt sich HRH The Prince of Wales als Schirmherr ein. Die weltweite Kampagne stellt die natürliche Qualität der Wolle in den Vordergrund. Die AWI und die Woolmark Company unterstützen die fortlaufenden Aktionen.
  3. Bei der „Woolmark Gold Kampagne“ arbeiten wir mit 12 Premium-Marken zusammen, um im schnell wachsenden Luxusmarkt in China auf die Mode aus australischer Merinowolle aufmerksam zu machen.

Schutzmarken wie “Wools of New Zealand” garantieren, dass die so gekennzeichneten Teppiche und Teppichböden aus mindestens 80% reiner Schurwolle bestehen. Mindestens 60% davon müssen aus Neuseeland stammen. Wie schätzen Sie – vor allem in der Bekleidungsbranche – die Konkurrenz der neuseeländischen Wolle ein?

Australien steht in erster Linie für Bekleidungswollen, nur ein kleiner Teil der Produktion ist gröbere Wolle, wie sie im Interiorbereich eingesetzt wird. Daneben erzeugen beispielsweise Südafrika, Neuseeland und Argentinien feine Wollen.

In Neuseeland leben „nur“ etwa 2 Millionen Merinoschafe, die jährlich etwa 10 Millionen kg feine Bekleidungswollen produzieren. Der überwiegende Teil der neuseeländischen Wollproduktion ist jedoch grobe Wolle, die für Teppiche und andere Heimtextilien verwendet wird.

In den vergangenen 5 Jahren hat die neuseeländische Outdoorfirma Icebreaker viel ins Marketing investiert, um deren Funktionswäsche aus feiner Merinowolle zu promoten. Diese PR-Aktivitäten haben dem Image der Wolle in der Bekleidungsbranche sehr genützt, daher sehen wir das Engagement von Icebreaker und anderen neuseeländischen Firmen natürlich sehr wohlwollend.


In diesem Video erklärt HRH The Prince of Wales im Rahmen der „Campaign for Wool“ die Vorteile von Wolle.

Im Outdoor- und Sportbereich haben Wollpullover, Jacken mit eingearbeitetem Wollvlies und Wollfunktionswäsche nur einen kleinen Marktanteil. Es springen aber immer mehr Firmen auf den Zug auf. Welche Firmen gehören zu den Vorreitern der Branche?

Die Marken im Fashionbereich sind tatsächlich längst nicht so dynamisch wie die Sportmarken, die die Entwicklung mit ihren knackigen Werbeideen vorantreiben.

Das positive Image in Outdoor- und Sportbranche verdankt die Wolle auch Smartwool aus den USA, Arc’teryx aus Kanada, Mover aus Lausanne und Ortovox aus Taufkirchen bei München. Vor allem die Firmen, die moderne Funktionswäsche aus Merinowolle herstellen, nehmen traditionellen Herstellern von Angorawäsche wie Medima immer mehr Marktanteile weg.

Auf der ISPO habe ich mit vielen Firmen gesprochen, die sich auf Outdoorbekleidung aus Wolle spezialisiert haben. Bei einem solch natürlichen Produkt vergisst man leicht, dass die Wolle erst kreuz und quer über den Globus verschickt wird, bis sie als fertiges Produkt bei uns in den Läden ankommt. So richtig umweltfreundlich finde ich das ehrlich gesagt nicht.

Stimmt, denn die Wolle stammt ja meist aus Australien, Südafrika und Neuseeland. 80% der Wollbekleidung wird in China produziert, 10% in Indien. Die Wirtschaft funktioniert heutzutage nun mal so, das lässt sich nicht auf den Kopf stellen.

Einige Firmen behaupten zwar, dass ihre Woll-Bekleidung „Made in Germany“ sei. Doch der Grundstoff – nämlich die Wollgarne – wird ja in der Regel mit Schiffen von weit her antransportiert. Auch Südwolle in Schwaig bei Nürnberg und Schoeller in Bregenz müssen für ihre Garne auf Wolle aus fernen Ländern zurückgreifen.

Wenn Modemarken lediglich betonen, dass die Endproduktion in Deutschland stattfindet, aber mit keinem Ton erwähnen, woher ihre Wollgarne stammen, muss man eine solche PR leider schon als Greenwashing bezeichnen.

Selbst die Maschinen zur Herstellung der Strickwaren kommen meist aus dem Ausland. Nur die Firma Stoll aus Reutlingen produziert immer noch Flachstrickmaschinen in Deutschland. Das Unternehmen wurde 1873 gegründet und behauptet sich bis heute auch im internationalen Markt.

Einige Firmen, die Outdoor- und Sportbekleidung herstellen, verwenden Wattierungen aus Wolle. Wie kommt es, dass solche Vliesstoffe auch von Schafen stammen, die in Europa leben?

Viele Bauern in den Alpen halten seit jeher Schafe – aber in unseren Breitengraden ist die Wolle nicht fein genug, um daraus dünne Kleiderstoffe zu stricken oder zu weben. Der starke Bausch der Schafschurwolle eignet sich aber für Wattierungen, die als wärmende Schicht in Matratzen, in Polstermaterialien und zwischen Kleiderstoffe genäht werden kann.

Swiss Wool und Tirol Wool haben jetzt Sammelstellen eingerichtet, wo die Landwirte auch kleinere Mengen an Wolle verkaufen können. Die Firma Baur aus Dinkelsbühl stellt daraus Vliesstoffe her, und die bayerische Firma Ortovox lässt sie dann auf dem Balkan in modische Sportbekleidung einarbeiten. „Made in Europe“ ist jedoch für Bekleidungsfirmen, die gestrickte oder gewebte Wollstoffe im großen Stil herstellen, leider nicht möglich.

Vielen Dank für das Gespräch.

Fotos: Karin Hertzer (1), Woolmark Company (2)

2 Kommentare

  • Anonymous

    wool – news: Aus für Woolmark-Office 31.07.2015 in Düsseldorf !!

    • Danke für die Info, das hatte ich auch schon gelesen und frage mich nun, wie ich den Kontakt zu meinem Interviewpartner Johann Mittermayr halten kann. Ich werde ihn gleich heute anfunken, Danke also für die Erinnerung an den Termin. Sonnige Grüße von Karin Hertzer

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