Beheizbare Möbel und Wände mit Nanotechnologie

Das Frieren macht erfinderisch – und von ihren heißen Ideen lassen sich wahre Tüftler auch im Sommer nicht abbringen. Günther Braun und sein Sohn Sven steckten bislang 8 Jahre in die Entwicklung der „dünnsten Heizung der Welt“, die sich die Nanotechnologie zunutze macht. Im September 2013 werden die ersten wärmenden Textilien marktreif sein. Die Weltneuheit kommt aus Engstingen, einem Ort auf der Schwäbischen Alb mit 5.500 Einwohnern. Hier erfahren Sie, wie die zukünftige Nanoheizung funktioniert und welche Vorteile sie gegenüber bisherigen Heizsystemen hat.

>>> Gastbeitrag von Robert Doelling aus Hamburg

Carbon-Widerstand macht aus Strom Wärme

Institute auf der ganzen Welt erforschen, wie sich Kohlenstoff-Nanoröhren sinnvoll einsetzen lassen. Seit etwa 6 Monaten kommen mehr und mehr Produkte mit diesen so genannten CNTs (carbon nanotubes) auf den Markt.
Auch die „dünnste Heizung der Welt“, an der die Firma Braun -CNT auf Hochtouren arbeitet, basiert auf der Nanotechnologie. Der Werkstoff lässt sich – in Textilien verpackt – direkt auf der Haut anwenden und soll sich später auch in Form einer Flüssigkeit und als wärmendes Papier einsetzen lassen.

Mit ihrer Erfindung gewannen Günther Braun (Foto) und sein Team bereits den Übermorgenmacherpreis des Landes Baden-Württemberg und einen 2. Platz beim bwcon Hightech-Wettbewerb Cyber One.

Das Besondere der Nanoheizung: Sie lässt sich auf verschiedene Oberflächen auftragen. Dabei wird Carbon als Widerstand verwendet, so entsteht schon durch eine geringe Stromzufuhr Wärme.

Wer also seinem Körper eine Extra-Portion Wärme gönnen und nicht mehr frieren möchte, kann wie bisher eine Wärmflasche, ein Wärmepflaster oder eine Wärmecreme benutzen – oder auf die Vorteile der Nanotechnologie vertrauen. Aber auch Tischplatten und Wände lassen sich zukünftig zu einer wohligen Wärmequelle umgestalten, wenn sie mit der Papierheizung kaschiert und über das Stromnetz bzw. über Netzteile gesteuert werden.

TÜV geprüfte High-Tech-Wärme

Aus rein technischer Sicht ist das Heizpapier zwischen 10 bis 200 μm dick – das entspricht 0,01 bis 0,2 Millimetern. Obwohl das Material so dünn ist, verfügt es über eine Heizleistung von bis zu 80° C. Die ersten Produkte, die auf den Markt kommen, arbeiten mit einer elektrischen Spannung von 7,2 Volt und werden maximal 40°C warm – verbrennen kann man sich daran also nicht.

Die erzeugte Strahlung liegt im Infrarot-Bereich und wird als angenehm und sogar „heilend“ empfunden. Die hautverträglichen Textilstoffe gibt es als Wärmemanschetten für die Hand- oder Fußgelenke und als Auflagen für Nieren, Nacken oder Brust. Sie erhitzen sich mit Niederspannung über einen 220 Gramm schweren Akku. Selbst bei Beschädigungen ist die volle Funktionsfähigkeit gewährleistet.

Die schwäbische Firma lässt ihre Nanoheizung freiwillig vom TÜV auf die Sicherheit hin prüfen, obwohl das nicht explizit vorgeschrieben ist. Die moderne Elektroheizung wird ausschließlich in Deutschland produziert, auch die meisten Komponenten stammen aus der Bundesrepublik.

Heizpapier macht Möbel zur Wärmequelle

Die Nanotechnologie-Heizung soll es künftig auch in Papierform zum Aufkaschieren auf Sitzpolster, Tischplatten und Wände geben. Obwohl diese Entwicklung noch in den Kinderschuhen steckt, versprechen die beheizbaren Möbel schon jetzt viele Vorteile: Denn die Wärme überträgt sich genau dort auf den Körper, wo sich die Bewohner aufhalten oder was sie gerade anfassen.

Wer beispielsweise mangels Bewegung am Schreibtisch schnell friert, kann sich demnächst auf ein warmes Nano-Polster setzen, sich mit den Händen und Armen auf eine warme Schreibtischplatte stützen und die Füße auf eine warme Unterlage stellen.

Konventionelle Wandheizungen wärmen hingegen „nur“ den Raum auf, die Hitze zieht nach oben unter die Zimmerdecke, und es dauert, bis die warme Luft wieder unten bei den Menschen ankommt. Einziger Wermutstropfen bei der Papierheizung ist, dass sie fest auf den Flächen klebt und sich nicht wieder entfernen lässt.

Nano-Hautwärmer im Herbst erhältlich

Sven Braun (Foto) von Albnano kalkuliert derzeit die Preise für die Hautwärmer, ab September 2013 soll es die Produkte direkt bei der Firma zu kaufen geben. Das Kaschieren von Möbeln mit Papier und das Streichen von Wänden mit flüssigen Nanopartikeln ist noch reine Zukunftsmusik. Wer dann jedoch zusätzlich Ökostrom nutzt, heizt sogar völlig CO2-neutral: Die dünnste Heizung der Welt kann zukünftig also nicht nur ein Gewinn für die Gesundheit sein, sondern auch für die Umwelt.

Fotos: Franck Boston / fotolia (1), Braun CNT (2, 3, 4)

Fazit:

Die schwäbische Firma Braun CNT arbeitet mit Hochdruck daran, die „dünnste Heizung der Welt“ auf den Markt zu bringen. Ab Herbst 2013 gibt es bereits Hautwärmer, die die Nanotechnologie nutzen. Die mit einem Akku betriebenen Produkte können später aber auch Tischplatten, Sitzflächen und Wände erwärmen.

Ihre Meinung:

Was halten Sie von der Idee, nicht den Raum sondern die Möbel zu heizen? Wie teuer dürfte Ihrer Meinung nach eine „wärmende“ Wandfarbe sein – im Vergleich zu konventionellen Farben? Welche Chancen sehen Sie für die Vermarktung der „dünnsten Heizung der Welt“?

Aktualisierung von Karin Hertzer am 30.6.2015: Die Firma hat jetzt einen anderen Namen und ist umgezogen. Die Änderungen habe ich eingebaut, weil mich die fortschreitende Technik für beheizbare Möbel weiterhin interessiert und ich mit Günther Braun immer noch in regem Kontakt stehe.

2 Kommentare

  • Hallo Herr Hinterauer, vielen Dank für Ihre positive Einschätzung. Ich bin auch schon sehr gespannt, wie gut eine solche Möbelheizung bei den Verbrauchern ankommen wird. Sonnige Grüße aus München von Karin Hertzer

  • Lukas

    Diese Entwicklung erlaubt Heizungsverluste weitestgehend zu vermeiden und ist ein weiterer Schritt zum Personal Power Provider. Damit setzt eine ähnliche Entwicklung auf dem Energiemarkt ein wie es der PC in der Informatik war.
    Zugegebenermaßen gehört dazu noch eine weit intelligentere Vernetzung der Kopplungs- und Speichermechanismen, wie es bisher der Fall war. Aber das ist aufgrund der Entwicklung in der Informatik und Regeltechnik (Mechatronik) auch durchaus machbar.

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