Food-Fotografie: Wochenmarkt (Juni-Aufgabe 1)

Auf dem Wochenmarkt einzukaufen ist immer wieder ein Erlebnis: Da das Seelenwärmer-Foto-Projekt nun in die Sommerphase übergeht, schlagen wir für die Juni-Aufgabe vor, dass ihr euch zum Fotografieren dort mal etwas genauer umschaut. Das Tutorial dazu hat euch Susan Brooks-Dammann mit ihrem Newsletter schon geschickt. Hier möchte ich euch zeigen, welche Warmup-Bilder bei meiner Exkursion entstanden sind.

Durch die Warmup-cooldown-Brille schauen

Die Erdbeeren lachen uns an, und wie ferngesteuert greifen wir nach einem Schälchen, um ein paar Früchte gleich an Ort und Stelle zu naschen. Vorfreude auf das Frühstück am Wochenende wecken würzige Bauernbrote, mächtige Käselaibe und der Lindenhonig vom Imker. Spargel, frische Kartoffeln und Kräuter verlocken uns, ein leckeres Abendessen daraus zuzubereiten. Auch die Würstchen auf dem Grill lassen einem das Wasser im Munde zusammenlaufen.

In München gibt es so viele Wochenmärkte, dass ich mich erst gar nicht entscheiden konnte, wo ich zum Fotografieren hingehen sollte: Zu unserem Marktstand in der Straße? Zum Viktualienmarkt in der Innenstadt? Oder doch lieber zu der Firma, die in großen Mengen Eiswürfel für Firmenfeste, Restaurants und Parties produziert?

Das Abwägen der Vor- und Nachteile erledigte sich schließlich von selbst, als wir zu einem Fest mitten auf der Leopoldstraße gingen. An jenem Freitagabend fuhren dort zur Abwechslung mal keine Autos, sondern lauter Buden, Stände und Bühnen luden die Münchner zum Flanieren ein – und entlang des Weges entdeckte ich mit meiner kleinen Kompaktkamera viele reizvolle Motive rund ums Essen und Trinken.

Mein Blickwinkel: Da ich mich schon seit vielen Jahren mit den Themen Frieren und Schwitzen beschäftige, sehe ich die Welt oft durch meine ganz eigene Brille: Was tun die Menschen, wenn ihnen kalt ist? Wie schützen sie sich vor allzu großer Hitze? Welche neuen Erfindungen gibt es zum Warm-up und zum Cool-down?

So ist es auch kein Wunder, dass ich selbst auf einem Straßenfest ganz nebenbei danach Ausschau halte, was es Leckeres zu essen gibt – und die Angebote schnell in Schubladen einsortiere: Dieses wärmt, jenes kühlt. Und wie so oft war ich auch dieses Mal überrascht, was sich die Menschen so alles dazu einfallen lassen.


Zuerst möchte ich euch hier meine Warmup-Fotos zeigen, nach einem Klick am Ende dieses Textes geht’s weiter zu meinen Cooldown-Bildern.


Frittierte Kartoffeln – mal ganz anders

Wie lange es diese in heißem Fett ausgebackenen Kartoffel-Schneckerln schon gibt, weiß ich leider nicht. Ich fand es jedenfalls faszinierend zuzuschauen, was man aus Kartoffeln alles zaubern kann, wenn man sie nach urbayerischer Tradition mit einem Radi-Schneider bearbeitet.

Kartoffeln am Spieß: Für die Massenproduktion am Stand nahmen die Marktleute zwar keine Handgeräte sondern stabile Drehwerkzeuge, die sie auf dem Tisch befestigt hatten. Aber der Moment, indem sie ihre Kunstwerke am Holzspieß in die Höhe hielten, entlockte auch den wartenden Erwachsenen ein Ah und Oh – so wie man das bei Kindern beobachten kann, die zum ersten Mal das Kunstwerk eines aufgeschnittenen Radis bewundern.

Die geschneckerlten Kartoffelscheiben wanderten schließlich ins brodelnde Fett und brutzelten so lange vor sich hin, bis sie gar waren und mit Salz und Pfeffer bestreut auf Papptellern serviert wurden. Lange habe ich es ehrlich gesagt zwischen den heißen Fettwannen vor mir und dem Grill des Nachbarstands hinter mir nicht ausgehalten – aber doch lange genug, um mitzuerleben, dass der Job am Grillposten selbst auf einem Open-Air-Festival recht schweißtreibend ist und man sich danach wahrscheinlich ausgiebig duschen muss, um den intensiven Fettgeruch wieder loszuwerden.

Weitere heiße Entdeckungen

Ein paar Meter weiter fiel mir ein Mann auf, dessen Kopf fast im weißen Dampf seines Grills verschwand. Er bemerkte mich nicht, weil er mit dem Drehen und Wenden des Fleisches vollauf beschäftigt war – was mir die Gelegenheit bot, mehr als ein Foto zu machen, um danach eine bessere Auswahl zu haben.

Weniger ist mehr: Letztlich habe ich den Preis auf dem Wagen hinter dem Mann retouschiert, weil ich fand, dass die Euro-Angabe vom Wesentlichen ablenkt. Am liebsten wäre es mir gewesen, wenn der Hintergrund einheitlich neutral gewesen wäre – also ohne Rad und ohne Lieferwagen. Aber so ist das nun mal, wenn man mitten ins Gewühl hinein fotografiert.

Vor dem Stand mit dem Pizzabrot standen viele Leute Schlange, sodass ich versuchte, von der Seite einen guten Blick zu erhaschen. Was mich begeisterte, waren die unterschiedlich karierten Hemden der bayerischen Jungs hinter der Theke und die Werkzeuge, mit denen sie dem Pizzabrot zu Leibe gingen. Irgendwann fiel dem Chef der Truppe auf, dass ich mal von hier und mal von dort aus fotografierte. Aber als ich ihm sagte, dass ich die Bilder „nur“ für ein privates Fotoprojekt brauche und keine Köpfe fotografiere, ließ er mich gewähren.

Noch einfacher war’s am Stand mit den libanesischen Spezialitäten, weil wir dort Freunde trafen, die sich gerade etwas bestellt hatten. Während sie aßen und Tee tranken, hatte ich genügend Zeit, die beiden großen Teekessel von allen Seite zu bewundern – bis schließlich ein Mann in weißer, gestärkter Kochschürze einen Kunden bediente. Das Foto habe ich letztlich nur horizontal gespiegelt, weil mir die Blickführung so besser gefällt.

Die Frau am Grill

Mein liebstes Foto kennt ihr schon aus Susans Juni-Newsletter: Ich hoffe inständig, dass mir die junge Frau mit dem weit ausgeschnittenen T-Shirt den Anschnitt des Fotos nicht übel nimmt. Aber ich musste schon etwas grinsen, als ich ihr beim Bedienen zuschaute – vor allem, weil hinten eine recht korpulente Frau arbeitete und der Blick des Betrachters vom Grill links über die bodenständige Dame in der Mitte bis in ihr Dekolleté rechts fällt.

Das Fotografieren schien der jungen Frau aber eher zu schmeicheln, sonst hätte sie mich ja wohl angesprochen. Sie hatte nämlich zwischendurch auch Leerlaufzeiten, in denen sie mir das Fotografieren hätte untersagen können. Wenn sie sich meldet, lösche ich das Bild schweren Herzens wieder. Denn obwohl ihr Gesicht nicht zu erkennen ist, könnte sie annehmen, dass ich sie nicht im besten Licht darstelle – aber diese Freiheit nehme ich mir als Fotoreporterin einfach mal, um die Stimmung auf einem solchen Straßenfest zu zeigen.

Rechts neben mir stand übrigens ein gut gekleideter Mann, der schon einen 10-Euro-Schein gezückt hatte, um seine Bratwurst zu bezahlen. Als sich die junge Frau umdrehte, um ihm die Bratwurst zu geben, überlegte er es sich anders: Er machte auf dem Absatz kehrt und zog von dannen – ohne Wurst, aber mit seinem Geldschein in der Hand. Ich meine beobachtet zu haben, dass die junge Frau in diesem Moment ebenso verdutzt geschaut hat wie ich. Aber es könnte sein, dass wir alle drei etwas komplett anderes gedacht haben.

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>>> Im zweiten Teil zeige ich euch meine Cooldown-Fotos vom Straßenfest.

Fotos: Karin Hertzer


>>> Heißer Tipp: Seelenwärmer: Kochrezepte und Wohlfühl-Tipps für kalte Tage*

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2 Kommentare

  • Claudia

    Tolle Fotos! Mir gefällt die Idee, die Motive nach dem Motto „Hitze und Kälte“ auszuwählen. Ein fotografisch sehr schön darzustellendes Gegenteil, das interessante Kontraste mit sich bringt. Ich finde, du hast in deinen Bildern die ausgelassene, heitere Stimmung auf Wochenmärkten sehr gut eingefangen. Dort ist was los, da wird herzhaft geschlemmt, gefeilscht und gelacht – genau diese Erinnerungen sehe ich vor mir, wenn ich deine Fotos betrachte. Wünsch dir noch eine schöne Woche!
    Liebe Grüße, Claudia

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