Funktionswäsche: Vor- und Nachteile der Materialien

Funktionsshirts gibt es aus verschiedenen Materialien. Doch was eignet sich am besten? Silke Off von den Hohenstein Instituten nennt die Vor- und Nachteile von Wolle, Polyester, Baumwolle und Mischgeweben in Hinblick auf den Tragekomfort und das Frieren und Schwitzen.

Wolle wärmt gut und nimmt den Schweißgeruch kaum an

An Omas kratzige Wollsocken und Pullis erinnert bei der heutigen Funktionswäsche aus Wolle nichts mehr. Der Grund: Die Hersteller verwenden feinste Garne aus Merinowolle, die meist mit einem hydrophilen Finishing ausgerüstet sind. Anders als bei der damals verwendeten groben Wolle haben die glatten Fäden keine Schuppen, die sich bei Feuchtigkeit aufstellen und kratzen können.

Vorteile: Funktionswäsche aus Merinowolle wärmt etwas besser als solche aus Polyester, die Wolle sorgt für den Schweißtransport und fühlt sich auf der Haut angenehm an. Bei längeren Touren brauchen Sie das T-Shirt erst nach dem dritten Tag zu wechseln, weil der Schweißgeruch nicht so stark haften bleibt. Sie können also weniger Shirts als sonst einpacken.

Nachteile: Nach mehrmaligem Tragen werden sich die kurzen Fasern knötchenartig verfilzen. Gegen das Pilling lässt sich leider nur wenig tun. Die Knötchen können Sie abzupfen oder mit einem speziellen Kamm vom Gewebe „abreißen“. Damit die Shirts nicht einlaufen, sollten Sie sie bei 30 bis 40 Grad im Wollprogramm schonend waschen.

Fazit: „Moderne Funktionswäsche aus Merinowolle kann ich uneingeschränkt empfehlen“, so Silke Off, die das Labor Bekleidungsphysiologie der Hohenstein Institute in Bönnigheim leitet.

Polyester leitet den Schweiß nach außen weiter

Synthetische Fasern wie Polyester können mit verschiedenen Profilen hergestellt werden, die sich auf den Tragekomfort auswirken. Die endlosen Chemiefasern können glatt, verwirbelt oder gekräuselt sein. Texturierte Garne schließen Luftpolster auf der Haut ein, sodass die Kleidung die Körpertemperatur einige Zeit halten kann. Glatte Filamentgarne kleben auf feucht geschwitzter Haut und fühlen sich kühl an.

Vorteile: Polyester wärmt, wenn das Material gut aufbereitet ist, bleibt in der Regel formstabil und lässt sich lange tragen. Wer beim Sport oder beim Trekking viel schwitzt, kann sich auf den guten Schweißtransport nach außen verlassen. In dem Material setzt sich nur wenig Schweißgeruch fest.

Silke Off Hohenstein Institute frieren schwitzenNachteile: „Polyester nimmt fast keine Schweißfeuchtigkeit auf, sondern leitet sie nur weiter“, erklärt Silke Off. „Für schweißtreibende Aktivitäten ist das optimal, aber nicht für das normale Schwitzen im Alltag.“ Da das Material nicht verrottet, ist es nicht sonderlich umweltfreundlich.

Fazit: Polyester eignet sich gut für Funktionswäsche, texturiertes Material ist wärmend. Da Sie Shirts aus Polyester lange tragen können, landen sie nicht so schnell auf dem Müll. Durch ein ordnungsgemäßes Recycling können Sie Ihr ökologisches Gewissen etwas beruhigen.

Polypropylen eignet sich für besonders schweißtreibende Aktivitäten

Zu den Kunstfasern, die für Funktionswäsche verarbeitet werden, gehört auch das Polypropylen. Für Funktionswäsche gibt es die abriebfeste und leichte Kunstfaser in verschiedenen Materialstärken.

Vorteile: Polypropylen kann die Körperwärme ebenso gut wie Wolle halten. Das Material ist atmungsaktiv und elastischer als Polyester, Baumwolle und Wolle. Da es fast keine Feuchtigkeit aufnimmt, wird es kaum nass und trocknet dann wieder sehr schnell. Funktionswäsche aus solchen Garnen ist sehr beständig und verrottet nicht.

Nachteile: Der Schweiß wird zwar gut nach außen transportiert, aber das Material nimmt fast keine Feuchtigkeit auf – was bei High-Activity-Sportarten gut, aber beim Schwitzen unter „normalen“ Bedingungen nachteilig ist. Der Wasserdampf kondensiert dann innen am Material, der Feuchtigkeitsfilm auf der Haut kann nicht so schnell verdunsten, und Sie fangen schneller an zu frieren.

Fazit: Polypropylen wärmt gut und unterscheidet sich nur wenig vom Polyester, wenn das Garn und die Verarbeitung gut gemacht sind. Da Polypropylen nur wenig Feuchtigkeit halten kann, sie aber sehr gut weiterleitet, eignet sich daraus hergestellte Funktionswäsche besonders gut für schweißtreibende Aktivitäten.

Baumwolle kühlt und bleibt nach dem Schwitzen lange nass

Timo Hammer Schweiß schwitzen frierenHeutzutage empfiehlt kaum noch ein Hersteller Sportwäsche aus reiner Baumwolle. Als äußere Schicht eignet sich das Material eigentlich nur, wenn das Shirt an der Innenseite mit Polyester ausgestattet ist. Auch Beimischungen mit Baumwolle sind auf dem Markt.

Vorteile: Baumwolle fühlt sich angenehm auf der Haut an. Sie kühlt, wenn man’s braucht und nass bleiben möchte – was tatsächlich manche Outdoor-Freaks „cool“ finden.

Nachteile: Baumwolle wärmt nicht! „Beim Sport und beim Trekking hat Baumwolle den Riesennachteil, dass sie lange nass bleibt, wenn sie erst mal nass geworden ist“, erklärt Silke Off. Das natürliche Material hält die Feuchtigkeit sehr lange fest. Wer dann eine Pause  macht und vielleicht noch etwas Wind abbekommt, bekommt schnell eine Gänsehaut. Sollte das Immunsystem bereits angegriffen sein, lässt die Erkältung nicht lange auf sich warten.

Fazit: Finger weg von Baumwoll-Shirts bei körperlicher Anstrengung und niedrigen Außentemperaturen! Nur wer patschenasse Kleidung auf der Haut liebt, ist mit Unterwäsche aus Baumwolle gut beraten.

Mischgewebe bündeln die Vorteile der einzelnen Komponenten

Auf den Etiketten der Funktionswäsche entdecken Sie oft, dass es sich um ein Mischgewebe handelt:

Mit Elastan: Wolle und Baumwolle werden oft mit Elastan verarbeitet. Die synthetische Faser ist elastisch, nimmt keine Feuchtigkeit auf und kann daher den Schweiß nicht transportieren. Bei längerer UV-Bestrahlung ermüdet Elastan und bricht.

Mit Polyester: Um den schlechten Feuchtetransport der Baumwolle zu verbessern, eignet sich Polyester als Beimischung. So kann das Material den Wasserdampf besser transportieren, denn Polyester nimmt so gut wie keinen Wasserdampf auf.

Mit Polyamid: Die Kunstfaser allein eignet sich nicht so gut für Funktionswäsche, aber als Beimischung für Wolle kann Polyamid dem Shirt eine gewisse Festigkeit verleihen oder auf der Innenseite von zweiflächigen Funktionstextilien eingesetzt werden.

Mit Polyacryl: Das synthetische Garn setzen die Hersteller als alleiniges Material für Sportunterwäsche nicht ein, weil es den Schweißgeruch annimmt und festhält. Manchmal findet man es jedoch als Beimischung.

Im Material eingearbeitete Silberfäden reflektieren die Körperwärme

In das Material von Funktionsshirts lassen sich feine Silberfäden einweben oder einstricken, auch Nanosilberpartikel können fest im Garn verankert sein. Das Silber wirkt antibakteriell, reflektiert die Körperwärme und wärmt dadurch etwas.

Der wesentliche Vorteil der Silberionen ist, dass sie viele der geruchsbildenden Bakterien zerstören können – das mindert den Schweißgeruch. Da jedoch immer noch Bakterien im Gewebe übrig bleiben, bleibt der Kreislauf bestehen.

In der Kritik: Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) bewertet Textilien mit Nanosilber, die direkt auf der Haut getragen, als kritisch. Der Grund: Es könnte sein, dass die Nanosilberpartikel gesundheitsschädlich sind.

Fazit:

Wolle, Polyester und Baumwolle haben ganz unterschiedliche Auswirkungen auf das Frieren und Schwitzen. Probieren Sie aus, welche Funktionsshirts sich für Ihre Zwecke am besten eignen. Hier erfahren Sie alles über die 5 Anforderungen an den Tragekomfort von Funktionswäsche.

Ihre Erfahrung:

Wie gut kommen Sie mit den verschiedenen Materialien für Funktionsshirts zurecht? Was tragen Sie am liebsten, wenn Sie beim Wandern nicht frieren wollen? Was eignet sich Ihrer Meinung nach am besten gegen das Schwitzen beim Sport?

>>> Diesen Text veröffentliche ich mit freundlicher Genehmigung der Zeitschrift Gear 4/2013 auf meinem Blog.

Fotos: Karin Hertzer (Funktionsshirt von Alex: 90% Polyester, 10% Elastan), Hohenstein Institute (oh)

8 Kommentare

  • Björn

    Beruflich muss ich in Kürze einen Wintermarsch machen mit schwerem Rucksack – aber glücklicherweise nur einige Stunden und keine Tage. Früher trugen wir dabei T-Shirts aus 100% Baumwolle – heute Wäsche aus 60% Baumwolle und 40% Polyester. Die neuen Unterhemden sind auf der Haut nicht angenehm. Auch habe ich bei Marschpausen gefroren. Nass wurden die neuen Hemden auch.
    Reine Baumwolle soll zwar die Feuchtigkeit nicht schnell „abtransportieren“, wovon ich bei den neueren Hemden aber leider nichts merkte, aber reine Baumwolle ist für mich viel angenehmer zu tragen – insbesondere wenn sie als dickes Sweatshirt innen aufgerauht ist. Feuchtigkeit hat mich dabei nie sonderlich gestört und sie war m. E. auch wärmer.
    Merinowolle soll zwar Feuchtigkeit weit besser aufnehmen und nach außen transportieren, kratzt aber m. E. etwas und ist daher für mich kaum zu ertragen. Kenne die Wolle jedoch nur von einer dünnen Sturmhaube, die bereits nach wenigen Sekunden höllisch kratzte.
    Ich kann die Lobgesänge auf „Funktionsunterwäsche“ daher nicht nachvollziehen, bin aber etwas verunsichert. Soll ich meinem Gefühl gehorchend doch lieber ein dickes angerauhtes Baumwollsweatshirt als Unterhemd tragen? Oder täuscht mich meine Erinnerung und Funktionsunterwäsche bietet doch mehr Vorteile?

    • Karin Hertzer

      Hallo Björn,
      ich war auch immer für Baumwolle, aber beim Sport taugt das Material nicht viel – vor allem im Winter.
      Die Materialien, die man heutzutage für Funktionswäsche nimmt, unterscheiden sich wesentlich: entweder komplett aus Poly oder aus feiner, extra behandelter Merinowolle.
      Ich habe mich dann für Merino entschieden, obwohl ich auch dachte, dass das kratzen würde. Heutzutage ist das aber nicht mehr wie bei Großmutterns Wollsocken. Die Fasern sind technisch so behandelt, dass sie nicht mehr abstehen und somit kratzen können. Wenn du super empfindlich auf Wolle reagierst, würde ich mir erst mal ein Merino-Unterhemd von einem Freund ausleihen und es im Alltag ausprobieren. Mein Merinohemd ist aber so weich, dass ich keinen Unterschied zu anderen Materialien spüre.
      Herzliche Grüße von Karin

  • Wolfgang

    Toller Artikel! Ich persönlich setze auf Merinowolle und bei sehr schweißtreibendem Sport auf ein Mischgewebe mit Merino.
    Ich möchte noch hinzufügen, dass Merino Unterwäsche auch ideal im Alltag getragen werden kann. Gerade Merino Shirts im Sommer sind super angenehm. Die Merinowolle nimmt den Schweiß sehr gut auf. So hat man kein feuchtes Shirt. Und zudem riecht es durch die Geruchsneutralisierung nicht 🙂
    LG Wolfgang

  • Birgit Ludwig-Fischer

    Seit längerer Zeit beschäftige ich mich mit synthetischen Fasern und deren Einsatzgebieten. Nun habe ich eine technische Frage, die mir bis jetzt niemand zufriedenstellend beantworten konnte:
    Warum haftet in Polyestertextilien Schweißgeruch deutlich schneller und anhaltender als in Textilien aus Polyamid? Hat das etwas mit der molekularen Struktur der Polymerkette zu tun? Was?
    Bei Wolle genügt häufig auslüften (wenn die Wolle nicht mit Kunstharz ausgerüstet wurde) und der Schweißgeruch verschwindet, da Wolle wohl viele der für den Geruch verantwortlichen Bakterien zerstört.
    Wie ist das bei Polyester?
    Wie ist das bei Polyamid?
    Ich würde mich sehr freuen, Antworten zu erhalten.
    Textile Grüße BL

    • Liebe BL,
      ich frage mal nach und melde mich dann wieder.
      Sonnige Grüße von Karin Hertzer

      • Liebe BL, leider hat es etwas länger gedauert mit der Antwort. Die Hohenstein Institute haben mir nun einen Artikel von Dr. Timo Hammer geschickt, den ich Ihnen per Mail gern weiterleite. Mit sonnigen Grüßen von Karin Hertzer

        • Tobias

          Schade das es hier keine Antwort gibt (zumindest in Kurzform die wesentlichen Punkte), mir hat sich die gleiche Frage gestellt.

          • Hallo Tobias, auch Ihnen schicke ich gern die Studie von Dr. Timo Hammer. Leider komme ich gerade nicht dazu, sie hier für den Blog zusammenzufassen. Interessieren Sie sich privat oder beruflich für die Antwort?
            Sonnige Grüße von Karin Hertzer

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